Dieser Artikel ist zuerst erschienen auf Energievoll, dem Blog von badenova
Wer heute Strom macht, macht auch erneuerbar. Fast jeder gängige Anbieter hat auch mindestens einen grünen Tarif im Programm. Denn die Verbraucher*innen haben längst verstanden: Ein Umstieg auf Ökostrom ist der wahrscheinlich einfachste Schritt, um etwas gegen den Klimawandel zu tun. Wer Wechselt ist quasi schon Aktivist*in – und treibt die Energiewende selbst voran. Oder? Weil Nachhaltigkeit ein Buzzword ist und konventionelle Energie eine Riesen-Lobby hat, wächst mit den Wechselkund*innen auch die Unsicherheit. Wie sauber ist sauberer Strom? Worauf sollten wir bei der Anbieterwahl achten und welche Weichen müssten darüber hinaus auch auf politischer Ebene gestellt werden? Wir haben Birgit Liegert, zuständig für Business Development bei badenova, nach den Details gefragt:

Erneuerbare Energien sind generell immer besser im Sinne der Nachhaltigkeit. Grundsätzlich ist es aber auch dabei sinnvoll erstmal herauszufinden, ob der angebotene Strom 100 Prozent regenerativ ist oder nur anteilig. „Ökostrom“ ist kein geschützter Begriff. Deshalb: Genau hinschauen, woraus er im Detail und prozentual besteht.
Zum Beispiel über Siegel und Zertifizierungen. Bei Anbietern, die diese offen und deutlich ausweisen, steht auf den entsprechenden Zertifikaten in der Regel auch genau, woher ihr Strom kommt und wie er sich zusammensetzt. Und über die Internetseiten dieser Anbieter lässt sich meist leicht nachvollziehen ob darüber hinaus beispielsweise der so wichtige Ausbau von erneuerbaren Energieanlagen gefördert oder ob nur aus bereits bestehenden Anlagen Strom bezogen wird.
Nicht wenn Anbieter und Angebot zertifiziert sind. Da wurde dann verlässlich direkt vor Ort auf Verkaufs- und Produktionsstatistiken sowie in Auftragsbücher geschaut, um genau sowas zu verhindern.
Am nachhaltigsten ist Strom ganz klar, wenn wie ihn direkt in der Nähe von dem Ort verbrauchen, an dem er auch erzeugt wird.
Ein ziemlich wichtiges sogar! Es ist ähnlich wie bei Nahrungsmitteln: Je kürzer die Wege, desto effizienter und umweltschonender.
Ich denke sie könnte ausreichen, wenn wir noch mehr in Speichertechnologien investieren würden – aber die Frage, woher bezogen wird, bleibt bestehen. Die Dezentralität können wir eher noch nicht in allen Regionen gewährleisten
Weil die Gegebenheiten zur Gewinnung von Ökostrom einfach nicht überall gleich sind. Um Windräder aufstellen zu können, müssen beispielsweise bestimmte Bedingungen gegeben sein. Dabei spielt insbesondere Arten- und Naturschutz eine große Rolle. Photovoltaik-Anlagen brauchen, um sinnvoll und ertragreich zu sein, einen gewissen Grad an direkter Sonneneinstrahlung. Und wenn an einem Ort nicht durchgehend genügend erneuerbare Energie zur Verfügung steht und auch die Speichermöglichkeiten fehlen, entstehen Engpässe. Und natürlich sind darüber hinaus auch fehlende Anlagen auch historisch bedingt, da in der Vergangenheit ja mehr auf Atom- und Kohlestrom gesetzt wurde. Neue Anlagen müssen aktiv gebaut werden.
Da ist die Politik gefragt. Die Rahmenbedingungen werden von der Bundesregierung und Landesbehörden festgelegt. Teilweise können wirtschaftliche Anreize für neue, saubere Anlagen den Ausbau fördern. Anschließend sind Energieversorger und potentielle andere Produzenten gefragt: Sie müssen in die Investitionsbereitschaft gehen, zukunftsfähige Anlagen bauen und besser produzierten Strom verkaufen.
Ökostrom kann erstmal jeder anbieten. Der Begriff ist leider nicht geschützt. Es kommt wirklich vor allem auf das Unternehmen dahinter an. Deshalb kann ich Verbraucher*innen nur raten, sich intensiv mit dem eigenen Versorger, zu beschäftigen: Wer steckt dahinter? Wo sitzt die Gesellschaft? Welche Anteilseigner gibt es? Was unternimmt das Unternehmen zum nachhaltigen Umwelt- und Klimaschutz?

Auf jeden Fall. Dass Entscheidungen politisch sind gilt für Ökostrom genauso wie für Regionalstrom. Letztendlich wird ist die Energieproduktion wie ein See, der aus mehreren Quellen gespeist wird. Je stärker der eine Strom, in unserem Fall Regional- oder Ökostrom, ist, desto größer ist der Zufluss für diesen See. Je mehr Verbraucher*innen auf diese Quellen setzen, desto kleiner wird der Anteil des herkömmlich produzierten Stroms. Jeder einzelne Kunde hat damit eine Verantwortung und kann mitbeeinflussen.
Mittlerweile haben wir ganz gut, aber auch noch verbesserbare Rahmenbedingungen. In Deutschland gibt es das Gesetz zum Ausbau erneuerbarer Energien (EGG) und staatliche Unterstützung zu erneuerbaren Energien, was dafür gesorgt hat, dass wir ja schon recht weit sind mit dem Ausbau der Erneuerbaren.
Ja. Man merkt, dass etwas passiert. Aber natürlich gibt es auch Hürden: Der Verwaltungsaufwand ist für uns als Anbieter oft sehr groß. Aktuell merken wir das zum Beispiel beim Bau einer Windkraftanlage. Dort müssen wir sehr vielen Auflagen erfüllen – und wir müssen in kreativen Modellen wirtschaftliche Angebote an die Kunden machen können. Ein anderes Beispiel sind Photovoltaik-Anlagen und die Mieterstrommodelle: Es ist ein gutes System, PV-Anlagen auf Mietshäuser zu setzen und den Strom dann direkt an die Mieter*innen zu verkaufen. Im EEG wird dies auch gefördert, aber es sind noch sehr viele Umlagen und Abgaben zu leisten, die für Verbraucher*innen nicht ganz verständlich sind und die den effizienten und für den Kunden kostengünstigen Weg erschweren.
Aus den Produktions- beziehungsweise Beschaffungskosten – aber auch aus Netzentgelten, also den Abgabekosten für Liefer- und Transportwege. Dazu kommen noch Steuern und Abgaben und Vertriebskosten.
Natürlich ist es wichtig, auch insgesamt den Stromverbrauch zu reduzieren. Das ist der Beitrag, den jede und jeder jeden Tag leisten kann. Denn auch beim Bau von Ökostromanlagen fällt CO2 an, da ja die Bauteile hergestellt werden müssen und auch der Transport fällt ins Gewicht. Je weniger verbraucht wird, desto weniger Ausbau in Anlagen wird benötigt.
Es ist fünf vor Zwölf – wir müssen schnellstens neue Wege in Angriff nehmen und diese forcieren.

Da muss noch viel passieren. Es gibt in Deutschland bereits gute Systeme zur Stromspeicherung, aber die müssen definitiv noch ausgebaut werden. Das schließt auch Eigenheim- und Mietshausbesitzer mit ein, die sich beispielsweise eigene Stromspeicher zulegen, sodass Energie direkt zu Hause gespeichert und verbraucht werden kann, sobald sie benötigt wird.
Es ist auf jeden Fall ein unterstützendes System. Auch hier muss man das Zusammenspiel sehen: Es ist eine gute Möglichkeit, eine Ergänzung, das Ganze auszubauen. Das ist insofern auch holistisch, als dass man so zum Beispiel auch das eigene Elektroauto mit dem Strom aus der eigenen PV-Anlage, den man selbst gespeichert hat, aufladen kann. Für den Kunden ist das sehr wirtschaftlich.
Ja, schon. Wir können und müssen deutlich mehr tun, um Strom dezentral zu erzeugen. Auch das Thema Quartierskonzepte spielt hier eine Rolle. Das Stichwort ist hier vielleicht am ehesten Dezentralität: Wie kann sich ein Quartier in Zukunft selbst besser allein versorgen? Das betrifft genauso den Ausbau von Erzeugungs- und Heizanlagen.
Ich bin ganz optimistisch. Ich nehme viele Verbesserungssignale wahr; vieles konnten wir schon umsetzen und erreichen und wir spüren die hohe Resonanz der Kunden. Das Interesse nimmt mehr und mehr zu: Klima- und Umweltschutz und Energiewende sind nicht mehr nur Lippenbekenntnisse, sondern alle möchten diesen Wandel wirklich haben. Das merken wir sogar bei Großkunden und Kommunen. Es herrscht durchaus Aufbruchstimmung – jetzt muss es Step by Step in Richtung Umsetzung gehen.
… er regional ist.
Herzlichen Dank für das Gespräch!
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