Voelkel Fruchtsäfte gehören zu den wenigen nachhaltigen Produkten, die ganz oben im Mainstream mitspielen. Mehr noch: sie spielen sogar für konventionelle Kunden und versuchen so aktiv die Qualitäts-Standards für Bio- und Demeterprodukte zu gestalten. Dabei ist der Markt für gutes Obst- und Gemüse eine echte Challenge für alle Beteiligten. Das liegt vor allem an den Kilopreisen, die sich am Erfolg der Ernte ausrichten. Das Schizophrene dabei: in guten Erntejahren sind die Preise niedrig, da es auch viel Ware gibt. In schlechten Erntejahren steigen die Preise, da sich durch die Verknappung die Nachfrage auf die wenigen verfügbaren Produkte konzentriert. Aus diesem Dilemma hat der Voelkel Einkaufschef Boris Voelkel drei Grundsäulen des nachhaltigen Wirtschaftens abgeleitet. Alle Prinzipien haben dabei ein Ziel:
Gesunde Lebensmittel aus gesunden Strukturen


Bei einem Fabrikbesuch im Voelkel Headquarter im Wendland hat uns Boris Voelkel letzten Sommer die Grundsäulen seiner Arbeit genauer erklärt:
1. Langfristige Beziehungen zu Lieferanten
„Das ist nicht selbstverständlich. Meistens ist es wie an der Börse und es wird dort eingekauft, wo es am Billigsten ist. Deshalb haben wir viele Schritte entwickelt, um unsere Beziehungen auf die Frage: Was brauchst Du? auszurichten. Man könnte jetzt denken, dass das ausgenutzt wird. Aber es funktioniert für uns und die Lieferanten sehr gut. Auf unserer Seite bekommen wir vor allem eine bessere Planungssicherheit.“



2. Moderate Preisgestaltung
„In einem guten Jahr bezahlen wir ein bisschen höhere Preise, als am Markt übrig. In einem schlechten Jahr erwarten wir von unseren Lieferanten aber auch, dass sie nicht voll abdrehen. Vor drei Jahren gab es zum Beispiel gar keine Äpfel in Europa, hauptsächlich wegen Frost. Deshalb haben sich die Apfelpreise damals verdreifacht. Wie sollen wir damit umgehen? Wir können ja nicht bei allen Apfelsäften auf einmal die Preise erhöhen. Bei der guten Ernte im Folgejahr wurden in Polen konventionelle Äpfel für drei Cent pro Kilo gehandelt. Das ist weniger als der Transport. Um aus diesem Mechanismus rauszukommen, gestalten wir unsere Preise anders. Dadurch entstehen viel menschlichere Beziehungen. Da hat man oft Gänsehaut oder feuchte Augen am Telefon.“



3. Emphatisches Wirtschaften
„Wieviel Geld brauchst Du, um gut zu wirtschaften? Dies ist eine der wichtigsten Fragen für jeden Lieferanten und Abnehmer. Nur so können alle Parteien nachhaltig wirtschaften und auch in Krisenjahren überleben. Vor allem bei so engen Abhängigkeitsverhältnissen wie zwischen Voelkl und unseren Obst- und Gemüsebauern. Somit gleichen sich gute und schlechte Jahre sowie hohe und niedrige Preise über die Zeit aus und allen geht es gut. Das macht Spaß.“




Boris Voelkel liebt das Entertainment. Bei unserem Rundgang durch die Produktionsstätten hat er die Lacher immer wieder auf seiner Seite. Und das, obwohl er uns so ganz nebenbei seine Ideen einer nachhaltigen Wirtschaft mit vielen Beispielen skizziert. Vieles davon ist inspiriert von den Gedanken Rudolf Steiners. Überhaupt liegt bei Voelkel an vielen Stellen der Waldorf-Geist in der Luft. Dass Voelkel dabei noch immer ein Familienunternehmen ist, ist für Boris Voelkel ein großer Vorteil:
„Wir müssen rauskommen aus dem Denken und echt ins Tun kommen. Im Denken kommen immer große Hindernisse auf. Durch das Tun gehen die Sachen besser. Das ist vor allem schön hier im Familienunternehmen, wo man das Vertrauen der Geschwister hat. Ich kann mich frei bewegen im Einkauf und Entscheidungen treffen. In anderen Unternehmen müssen erst mal fünf Gremien abgegrast werden, um ein Budget für irgendein Projekt zu bekommen. Das ist hier nicht so. Wir können uns in die Augen schauen und wissen, wie es uns mit etwas geht.“



Eines der größten Themen von Boris Voelkel ist die Qualität seiner Rohstoffe. Nach einer Art Schockerlebnis bei einem Laborvergleich von Hybrid Biomöhren und Demeter Biomöhren hat er angefangen sich mehr und mehr mit dem Ursprung von all dem zu beschäftigen, dem Saatgut:
„90 Prozent des Gemüse-Saatguts im Biolandbau sind Hybride von Bayer, Monsanto und Co. Nachdem ich mich jetzt mehr als sechs Jahre mit Saatgut beschäftigt habe, komme ich zu dem Schluss: eine biodynamische Qualität ist mit Hybridsorten nicht möglich. Wenn man Züchter ist, würde man auf Größe, Homogenität und Ertrag züchten. Da bleiben aber eben bestimmte Dinge auf der Strecke. Das ist wie, wenn man sein Kind auf den Wirtschaftselite-Kindergarten gibt. Unser Möhrensaft kommt da eher von der Waldorfschule. Wir haben deshalb hier beschlossen, dass wir alles nur noch aus samenfestem Saatgut herstellen. Biodynamische Züchtung geht hier vor allem auf Vitalkraft und Geschmack.“


Dass Voelkel mit diesem Prinzip Erfolg hat, zeigt, dass auch viele andere Anbieter ihre Eigenmarken bei Voelkel abfüllen lassen. Boris Voelkel konnte zunächst gar nichts damit anfangen, hat aber seine Meinung über die Jahre geändert:
„Wir füllen auch für andere Bio und Demetersäfte ab. Wo zieht man da die Grenze? Man könnte jetzt sagen, dass man es weiter schön kuschelig haben möchte und seine Himbeeren bei Vollmond erntet. Aber es ist für uns auch wichtig, dass wir weiterhin definieren können, wie Bio und Demeter passiert. Wenn wir es nur für uns selbst machen würden, hätten wahrscheinlich ziemlich bald ziemlich große Player das ganze Ding in der Hand. Und dann laufen wir hinterher und können nicht mehr gestalten. Deshalb möchte ich Einkaufsleiter bei uns sein.“
Voelkel versteht sich als viel mehr als nur ein Fruchtsafthersteller. Das Unternehmen sieht sich selbst als Pionier auf dem Gebiet des nachhaltigen Wirtschaftens. Es will zeigen, dass es auch anders geht. Und es zeigt, dass es anders geht. Sehr erfolgreich sogar. Die Strahlkraft dieses Erfolgs zieht in unserem System natürlich auch große Player an, die ein Stück des Kuchens abhaben wollen. Voelkel’s Antwort: 2011 wurde die Voekel Stiftung gegründet, in die 90 Prozent der Unternehmensanteile flossen. In der Satzung der Stiftung steht gleichzeitig, dass Voelkel unverkäuflich ist.

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