High Five für Hendrik Haase: So unappetitlich ist das Geschäft mit der Wurst

Warum dieser Artikel wichtig ist:

Du bist, was Du isst. Nur was da wirklich drin steckt, das ist vielen gar nicht klar – weil die Spar- und Geschmacks-Tricks der Lebensmittelindustrie bewusst verschleiert werden. Zumindest so lange, bis jemand eine gute Idee zur Aufklärung hat…

Wir essen beide kein Fleisch. Und sind trotzdem Fans von ihm. Oder gerade deshalb? Egal! Fakt ist: Es sollte mehr Menschen wie Hendrik Haase aka Wurstsack geben. Deshalb geben wir dem Foodaktvisten aus Berlin heute ein virtuelles Doppel High-Five – für die mit Abstand schlechteste Wurst, die er je gemacht hat. Ein bewusst besonders gepanschtes und gestrecktes Produkt aus 18,2 Prozent Fleisch und Speck, 27,4 Prozent Wasser und 45,7 Prozent Separatorenfleisch, sprich vom Knochen abgepresster Restebrei, der unter anderem durch Geschmacksverstärker zusammen gehalten wird. Und am Ende ergibt das ein Produkt, das von der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) mit einer Silbermedaille ausgezeichnet wurde. Das zeigte diese Woche der zweite Teil einer Reportage des ZDF-Magazins frontal 21.

Wie’s so weit kommen konnte? Ganz einfach. Indem der Nose-to-Tail-Verfechter und Gründer der gläsernen Metzgerei Kumpel & Keule, in Zusammenarbeit mit der Redaktion und Metzgermeister Franz Josef Vollmal, mehr oder weniger genau das gemacht hat, was in der konventionellen Wurstproduktion offenbar viele Hersteller tun. Oder zumindest tun könnten. Denn dass Wurstprodukte aus Kosten-Nutzen-Gründen ganz gerne mal aus besagtem Separatorenfleisch, viel Wasser für mehr Gewicht und Pulver aus Schlachtblutplasma, das die Wasserzugabe verschleiert, gemacht werden, sieht die DLG offenbar gar nicht so eng. Zumindest prüft die Gesellschaft, die angibt nur Qualitätslebensmittel auszuzeichnen, da nicht so genau nach. Stattdessen verlässt sie sich allein auf die Herstellerangaben, die der jeweilige Produzent zum eigenen Produkt so macht. Und das ist, so verglich Hendrik Haase gestern Abend im zweiten Teil seiner frontal 21-Recherche, „in etwa so, als würde man einen Sportler selbst die Angaben zu Doping machen lasse“. Fragwürdig!

Die für den Frontal Beitrag frei erfundene Wurst sieht ziemlich echt aus.

Umso erfreulicher, dass die Wurstsack-Aktion mit dem Arbeitstitel „Aus Scheiße Gold machen“, für die frontal 21 ein eigenes Fake-Unternehmen gegründet und Hendrik Haase zum Geschäftsführer gemacht hat, schon vor der Silber-Prämierung hohe Berichterstattungs-Wellen schlug und noch immer schlägt. Wer weiß schon genau darüber Bescheid, wie Bewertungsverfahren in der Lebensmittelbranche – oder treffender gesagt Lebensmittelindustrie – wirklich ablaufen? Trotzdem, da sind wir sicher, orientieren sich viele Verbraucher und Verbraucherinnen mangels Alternativen genau daran.

Und genau deshalb ist es so wichtig, dass sich Leute, in deren Branche oder Fachbereich in Sachen Täuschung, Ethik, Fairness, Ökologie oder Nachhaltigkeit etwas schief läuft – und davon gibt’s ja leider so einige – etwas tun, in Sachen Aufdeckung und Aufklärung und einfach sagen, wie’s ist. Dabei geht’s nicht darum, mediale Aufmerksamkeit zu bekommen oder Skandale zu produzieren. Dabei geht’s schlicht und einfach um Fakten. Fakten, die jeder durchschauen dürfen sollte.

Und was können wir jetzt noch kaufen? Hier kommen Hendricks Alltags-Tipps für die Wurst:

Möglichst kein verschweißtes Fleisch kaufen, vor allem kein fertig mariniertes.

Faustregel an der Wurst-Theke: Je weniger Inhaltsstoffe die Wurst hat, desto besser (ein echter Schlachter weiß Bescheid!).

Bio ist immer am Besten.

Nicht jeden Tag Fleisch essen ist noch besser.

Titelbild: Facebook

Fotos: Marcus Werner

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Ein Kommentar

  1. Leider ist auch Bio nicht immer Art / Tiergerecht. Besser wäre wohl der Verzicht oder zumindest eine starke Einschränkung des Fleischkonsums.
    Aber wenn Fleisch dann natürlich Bio und idealer Weise von Bioverbänden.

    Antworten

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