HÖRT ENDLICH AUF MÜLL ZUM MUST-HAVE ZU MACHEN

Anderen Leuten vorschreiben zu wollen, wie sie leben sollen, ist nicht mein Ding. Kann doch bitte jeder tun und lassen, was er will. Solange es keinem wehtut! Nun ist es allerdings so, dass der übertriebene Gebrauch von Plastik durchaus jemandem wehtut: unserer Umwelt. Und ganz ehrlich gesagt: auch meinem kleinen, zunehmend grünen Herzen. Denn dieses gerät, ganz ehrlich gesagt, trotz ausgeprägter Leben-und-leben-lassen-Mentalität regelmäßig in Wallung, wenn ich die vielen Fotos mit Einweg-Café-to-go-Bechern sehe. Jeden Morgen wieder wird der Müll-Mug in Magazinen, auf Facebook, Instagram und Co. präsentiert wie ein Pokal für den coolsten Lifestyle. Leute, das muss aufhören!

Warum? Na, weil Fakt ist, dass keiner so einen Wegwerfbehälter vor oder nach dem fein inszenierten Fotografieren länger als 15 Minuten mit sich herumträgt – und der gemeine To-go-Trend so tagtäglich einen Müllberg verursacht, der sämtliche Filialen unserer Stamm-Cafés auf einmal unter sich begraben könnte. 320.000 Einwegbecher landen deutschlandweit pro Stunde im Müll. Kein Scherz, pro Stunde! Jährlich sind’s laut der Deutschen Umwelthilfe rund 2,8 Milliarden. Zur Veranschaulichung: Mit dieser Anzahl könnte man jeden Tag eine Becherschlange von Berlin nach Venedig legen.

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Da fragt man sich doch, wie der ganze Müll überhaupt in die Abfalleimer passt. Ungetrennt übrigens! Denn so ein vermeintlicher Pappbecher ist aus Plastik – und zwar immer. Nicht nur die runde Schnabelkappe besteht aus dem miesen Material, das erst nach hunderten von Jahren abgebaut werden kann. Auch der untere Teil ist von innen mit Kunststoff beschichtet und wird damit statt zu Papier- ebenfalls zu Plastikmüll.

Wem in Anbetracht dieser Zahlen und Fakten nicht jetzt schon vor Schreck der Kaffee kalt geworden ist, dem sei noch gesagt, dass alles, was der Umwelt schadet, potenziell auch schädlich für uns Menschen ist. Im Becher-Plastik sind fast immer giftige Weichmacher wie beispielsweise perfluorierte Polymere oder potenziell hormonelle Stoffe wie Polystyrol. Und diese Chemikalien lösen sich in Hitze (Kaffee) und Fett (Milch) besonders schnell und erfolgreich auf – können vom Körper aber nur sehr langsam wieder abgebaut werden. Eine gesundheitliche Beeinträchtigung kann laut Verbraucherzentrale nicht komplett ausgeschlossen werden.

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Darf’s noch ein Schlückchen mehr sein? Dann hier auch noch eine letzte Randnotiz für alle, denen diese Fakten im Vergleich zur gewohnten Bequemlichkeit am Allerwertesten vorbei gehen: Ihr proklamiert einen Way of Life, den bei genauem drüber nachdenken eigentlich kaum jemand für erstrebenswert halten kann: einen Alltag, in dem nicht mal die Ruhe bleibt, fünf oder zehn gemütliche Minuten lang nichts anderes zu machen, als einfach nur einen Kaffee (mit sich selbst) zu trinken. Stolz darauf zu sein, keine Zeit zu haben, ist meines Erachtens genau so überholt, wie der Einwegbecher selbst.

Zusammengefasst: Was die bunten Bildchen mit Einweg-Mug machen, ist schlicht und einfach Müll zum Must-have zu erklären. Doch To-go-Becher aus Plastik sind leider kein It-Piece. Sie sind ein Shit-Piece. Ein Accessoire, das von mir aus mal eine schnelle Ausnahme, nicht aber ein stolz vorzuzeigender, erstrebenswerter Begleiter für jeden einzelnen Alltag sein sollte.

Bitte, bitte wascht Euch ein Schraubglas aus, oder wenn Euch das zu öko ist, kauft fürs Kaffee-Shooting einen schicken Mehrweg-Becher aus Porzellan oder die leichtere Variante aus Edelstahl. Lasst uns den Mehrweg-Mug zum Trend erklären, zum Statement, zum It-Piece! Oder einfach umsteigen auf To-Stay. Me-time und Selfcare kommen schließlich gerade auch ganz gut an. Besonders für uns selbst! Ich freu‘ mich auf neue Bilder.

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Fotos: Marcus Werner

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27 Kommentare

  1. Ja!

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  2. „Doch To-go-Becher aus Plastik sind leider kein It-Piece. Sie sind ein Shit-Piece.“ hahahaha, so ein geiler Text! Liebe den „Shit-Piece“-Teil 🙂 Sehr schön, finde auch, dass Plastik-Einweg-Becher gar nicht schön aussehen! Also auch rein ästhetisch ja null ansprechend. Der Umweltaspekt ist erschütternd, da muss eine Mehrweg-Variante her!

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  3. Ja! Ja! Ja! Danke für diesen Text. Selbst hab ich in meinem Leben zu viele dieser Becher fotografiert. Schluss damit – bei mir seit spätestens letztem Sommer, da kam die Läuterung und der Entschluss dem Einwehbecher aus dem
    Weg zu gehen. Viel zu spät, denn es ist doch so einfach, ich möchte nicht einmal das Wort Verzicht in den Mund nehmen.

    Meinen Text gegen die Mehrwegbecher und für das sich Zeit nehmen im Café lest ihr übrigens hier: http://katrinhuth.de/blog/2016/11/farewell-to-paper-cups/ (Ich hoffe das ist okay das hier zu verlinken)

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    • Na klar ist das ok! Danke für den Text-Tipp – und für Deinen Kommentar!

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  4. Ja!GENAU! Meine Wenigkeit – als Österreicherin mit ausgeprägter Kaffeehauskultur – hat diesen fragwürdigen Trend sowieso nie verstanden. Deswegen plädiere ich für das komplette Weglassen von „zum mitnehmen, bitte“. Egal ob Kaffee oder China-Essen. Und wenn es schnell gehen muss: für einen Espresso an der Theke ist immer Zeit.

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  5. Leider sehr wahr und leider muss ich mich schuldig bekennen. Mehrwegbecher gerade bestellt. Aber noch eine kleine Anmerkung. Zeitung ist zwar kein Plastik, aber wäre nicht ein E Paper -Abo eine Überlegung wert, wenn wir gerade schon mal dabei sind…

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  6. So wahr! Diese Bilder auf Instagram machen mich richtig sauer und traurig.. klar ich folge vielen Fashion Blogs aber auch in dieser Blogkategorie kann man auf so etwas achten..vor allem bei der Reichweite die manche haben…

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  7. Dazu noch Adidas aus Armut erzeugt, aber ey…nur fürs image kein Becher, weil Trendy…Ihr blogger seid doch alle gleich selbstverliebt…Sad&Funny.

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    • Hihi, da hast du (imo) Recht. Versteh auch nicht, wo jetzt auf einmal diese Antipathie gegen Becher herkommt. Müssen erstmal ’nen Blog lesen um zu checken wie dumm das Gehabe ist. Da fragt man sich,
      was noch alles im hippen Leben so falsch läuft. Die Hälfte der Klamotten ist durch Kinderhände gegangen und das Makeup hält, dank Tierversuchen, jetzt noch eine Stunde länger.

      Aber hey, ich kauf auch bei scheiss Konzernen, aber ich weiß wenigstens, dass mein Kaffee tausende von Kilometern rund um die Welt mit Öl verklappenden Schrottschiffen gefahren wird. Und das 90% der Anbaufläche nicht ökologisch bewirtschaftet wird, u.a. weil dafür Tropenwald gerodet wird, interessiert doch eh niemanden. Hauptsache ich kann genüßlich am Silikonrand meines ****-Bechers nuckeln, dessen Herstellung und Abfall voll ökologisch und umweltfreundlich ist.

      Kein Kampf gegen Windmühlen.

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    • Berechtigt, aber nur, weil man etwas kritisiert, impliziert das nicht, dass man unfehlbar ist und ausschließlich „richtige“ und nachhaltige Entscheidungen trifft. Trotzdem inspiriert dieser Artikel vielleicht manche dazu, in Bezug auf Coffe-to-go-Becher umzudenken – es ist so leicht. Manchen mag das Umdenken in Bereichen der Kleidung- und Schuhwahl leichter fallen – ist doch super, dann fang‘ doch dort an. Aber ich finde es unfair, Andere für die Wahl ihrer Veränderungsbereiche zu verurteilen bzw. lediglich dorthin zu schauen, wo es an der Umsetzung nachhaltiger Alternativen noch hapert.

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      • Yes! Danke, liebe Maggie. Das sehe ich und das sehen wir ähnlich. Dogma ist für viele doof – und auf den erhobenen Zeigefinger folgt leider oft der erhobene Mittelfinger. Für uns ist Step by Step der Weg. Und für mich by the way in adidas-Schuhen, die sechs Jahre alt sind. Und anhand derer ich zuletzt auf dem VV-Instagramaccount bemerkte, wie Trend eh immer wieder kommen und gehen. Und dass immer wieder neu Kaufen somit oft gar keinen Sinn macht. Abgesehen von den lange gepflegten Sneakern ist mein komplettes Outfit auf den Bildern übrigens, wie meistens, secondhand. Viele Grüße und happy Wochenstart an alle!

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      • Genau! Jeder hat seine eignen Bereiche in denen er oder sie es schafft zu verzichten oder nachhaltigere Varianten auszuprobieren! Das ist eben sehr individuell, aber jeder Schritt in die richtige Richtung ist ein guter Schritt! Der eine schafft es auf Fleisch zu verzichten, der nächste kauft nur Secondhandkleidung und so weiter, aber wenn wir alle ein paar kleine Dinge ändern, ändert das weltweit schon eine ganze Menge!

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  8. Trink deinen Kaffee Zuhause oder im Cafe‘ und les‘ deine Zeitung auf dem Tabletten als E-Paper. Unterwegs kannst du , als neuen Trend, ja mal auf den Verkehr achten und Achtsamkeit üben.
    Wär‘ doch mal wieder angesagt?

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  9. Grossartig! thx for a good new way to look at this.

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  10. Guter Artikel! Es geht im Grunde aber nicht nur um diese unsäglichen Kaffeebecher. Sie sind ja lediglich ein – zugegebenermaßen völlig unnötiger – Auswuchs dessen, was für viele Mitbürger im Mittelpunkt ihres Lebens zu stehen scheint: Nicht das „Sein“, sondern das „Haben“. Erich Fromm lässt grüßen.

    Es geht um den kompletten sogenannten „Lifestyle“, der tagein, tagaus gehypt wird mit all seinen anderen „Must-Haves“: Das neueste Handy, die trendigsten Klamotten, das dickste SUV, der tollste Flatscreen, die schickste Küche, die Schnäppchen-Reise in die Karibik. Selbst den Hardcore-Konsumenten sollte inzwischen doch klar sein, dass diese Art zu leben in eine Sackgasse führt, dass unser Planet nicht über unerschöpfliche Ressourcen verfügt, dass die Erde eben kein Perpetuum Mobile ist. Von dem Leiden, das wir anderen Teilen der Weltbevölkerung durch unseren Konsumwahn zufügen ganz zu schweigen …

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    • Genau, lieber Tom. Und darum soll es auch auf unserm Blog gehen. Schön, dass Du vorbei geschaut hast. Und vielen Dank für Deinen Kommentar! Schönes Wochenende und viele Grüße, A.

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  11. Tatsächlich eine Umweltverschmutzung sondersgleichen. Ganz davon ab, dass es ein weiterer Auswuchs unserer Stress-Gesellschaft ist – alles muss hopp, hopp und möglichst noch schneller und effizienter gehen. Entspannung kommt zu kurz. Viel zu wenige nehmen sich die Zeit um zu genießen, um den Kaffee wirklich zu schmecken, um achtsam zu sein, in dem was sie wahrnehmen, fühlen und tun. Schade.

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  12. Ein sehr toller Beitrag – so schön geschrieben und er beinhaltet so viel, was mir auch immer wieder durch den Kopf geht. Und dann erwische ich mich doch wieder dabei, wie ich den Coffee-to-go Becher nehme. Zwar verzichte ich schon lange auf den Deckel, weil Plastik und unnötig, aber das in dem Becher auch Weichmacher und Co drin sind, das ist mir gerade nochmal bewusster geworden. Ein Keep cup steht also auf meiner Geburtstags-Wunschliste und nebenbei ist ein neuer Blog auf meiner Leseliste gelandet. Macht weiter so!

    Liebe Grüße
    Harriet (Fräulein Anker)

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  13. Ich finde es sehr angenehm, dass du nicht mit erhobenem Zeigefinger aufklärst, zumindest fühlt es sich nicht so an. Ich trinke zum Glück nicht besonders gerne Kaffee und kam daher noch nicht in Versuchung, aber selbst, wer sich hier ertappt fühlen dürfte, wird von dir nicht angegriffen oder verurteilt, sondern sehr sanft auf die negativen Folgen aufmerksam gemacht – lese ich sonst selten und finde ich sehr erfrischend, danke sehr.

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  14. WORD! Es kann nicht genug Beiträge dieser Art geben! Danke dafür, ihr sprecht mir aus der Seele. <3
    Es gibt so tolle, für die Gesundheit unbedenkliche Mehrweg-Alternativen… aber das Beste ist immer noch sich selbst zu erlauben, einfach mal ein paar Minuten innezuhalten und das Heißgetränk im Café zu sich zu nehmen.
    "Stolz darauf zu sein, keine Zeit zu haben, ist meines Erachtens genau so überholt, wie der Einwegbecher selbst." – Amen! Weiter so, lieben Gruß 🙂
    Wer Interesse an Tipps & Tricks zur Müllvermeidung hat, schaut gerne vorbei auf http://www.freeofwaste.de

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  15. Ich mag Viertel Vor und auch den Sinn dieser Artikel aber verstehe nicht, warum so viele Anglizismen verwendet wurden. Englisch ist meine Muttersprache und ich musste teilweise raten, was die Autorin tatsächlich sagen wollte.

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  16. Danke – ganz wunderbar geschrieben, lockerflockigfrechundfrei, macht Spaß – ehrlich gesagt – über dieses Thema auch mal witzigspritzig zu lesen.
    Übrigens gibt es da eine ganz tolle Kampagne : http://coffee-to-go-again.de/
    Für Café-Besitzer, die mitgebrachte Mehrwegbecher für ihren ausgeschenkten Kaffee akzeptieren und ggf. sogar honorieren mit günstigerem Kaffeepreis.
    Finde ich ne super Sache – auf der Seite ist eine Karte mit Fähnchen, wo überall diese Kampagne schon angekommen ist.
    Eine andere, leichtere Version zu deinem vorgeschlagenen Schraubglas, Edelstahl- oder Porzellanbecher hätte ich noch die Becher von NoWaste, die aus Baumsaft gemacht werden und komplett biologisch abbaubar sind – den hab ich und liebe ihn. Ist übrigens sogar dicht gewesen beim Fall auf den Zugboden!
    https://www.nowaste.eu/

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  17. Du sprichst mir von der Seele! Ich arbeite in einer Café-Bar und es ist echt unglaublich, wie viele Leute vorbeihasten und ihren Cafe to go trinken. Oder, was noch viel schlimmer ist, den Cafe to go bestellen und diesen dann im Laden auszutrinken! Das kommt echt sehr oft vor. Da kann ich echt nur noch den Kopf schütteln..
    Deswegen: Daumen hoch für diesen Artikel!
    Liebe Grüße,
    Jaimie von Java Marisa

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    • Hey Jamie, stellt doch mal ein Schild auf, auf dem steht, wieviele nicht recycelbare To-Go Becher in Deutschland jeden Tag verbraucht werden. Vlt. trinken die Leute dann mehr To-Stay.

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Andere Meinungen

  1. […] – „Hört endlich auf Müll zum Must-Have zu machen!“, fordert Anna von Viertel-Vor. Jede Stunde werden in Deutschland 32.000 Pappbecher (innen mit Kunststoff beschichtet) […]

  2. […] dass bis dahin als völlig selbstverständlich und sogar super-cool wahrgenommen wurde: den Einweg-Kaffee-to-go-Becher, der übrigens mit Nichten aus Papier sondern durch die innere Beschichtung aus Kunststoff […]

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