Warum ich mich irgendwann dazu entschieden habe, kein Fleisch mehr zu essen, weiß ich gar nicht mehr genau. Vielleicht war es die Vorstellung, was mit den Tieren vor ihrem Tod passiert, vielleicht das Unwohlsein damit, was alles in sie hinein gepumpt wird, sehr wahrscheinlich aber auch der unverhältnismäßig große Fußabdruck, den man mit jedem Fleischverzehr in Bezug auf unser Klima hinterlässt. Fakt ist: je weniger Fleisch ich gegessen habe, desto einfacher fiel es mir und heute vermisse ich in meiner Ernährung überhaupt nichts mehr.
Mit einer Ausnahme. Und die ist an Weihnachten! Das liegt vor allem daran, das ich mit diesem christlichen Fest an sich nicht viel zu tun habe. Ich genieße das Zusammensein mit der Familie, ein paar ruhige und gemütliche Tage und die einzige Tradition die wirklich hängen geblieben ist, ist das Weihnachtsessen. Bei meiner Familie in Thüringen bedeutete das: Gans, Rotkohl und Thüringer Klöße – eine vegetarische Option läuft da nicht.

Daher haben wir uns im letzten Jahr dazu entschieden zu Weihnachten eine nicht-vegetarische Ausnahme zu machen – unter einer wichtigen Bedingung: wir wollen eine Gans, bei der wir wissen, unter welchen Umständen sie gelebt hat und wie sie geschlachtet wurde. Da die Bio-Gänse auf unseren Nachbarhöfen in Brandenburg immer schon im März ausverkauft und wir zugegebenermaßen so weit im Voraus nicht planungssicher sind, haben wir uns in diesem Jahr für eine rheinische Gänsebrust von den Genusshandwerkern entschieden. Dessen Macher Hans-Georg Pestka haben wir auf der Next-Organic kennengelernt und sein Online-Shop für qualitatives Essen überzeugte uns vor allem durch seine Transparenz. So lässt sich erfahren, dass unsere Gans von Peter Essers Gänsepeterhof kommt, sie ihr Leben meist draußen verbringen durfte und keine weiten Strecken mit dem Tiertransport zurücklegen musste, sondern direkt auf dem Hof geschlachtet wurde. Geliefert wird sie gekühlt und isoliert in Stroh statt Styrophor. Das passt für uns.
Kommen wir zum Preis: Statt zwischen 3 bis 10 Euro pro Kilo, wie in vielen Supermärkten, kostet unsere Weihnachtsgans stattliche 48 Euro pro Kilo. Das ist zwar viel teurer, aber wer hat eigentlich jemals gesagt, dass ein Tier billig sein muss? Und ist nicht viel mehr das Gegenteil der Fall?
Ganz abgesehen vom ethischen Fakt, dass ein Wesen sein Leben für unsere Ernährung gibt, ist dieses Leben ja bestenfalls durchaus lang. Und wenn das Tier, das gegessen werden soll, gefüttert wird, dann sollte das nicht nur in seinem sondern auch in unserem Interesse mit gutem sprich kostspieligerem Futter und vor allem in angemessenen Mengen über längere Zeit, satt im Überfluss über einen möglichst kurzen Mastzeitraum sein. Denn nicht nur für Menschen gilt ja: Du bist was du isst. Auch der künftige Braten besteht also aus dem, was schon vorm Tod so hinein gegeben wurde. Über das Futter, über mögliche Medikamente, die in der Massentierhaltung vor Seuchen schützen sollen – und auch über die Gefühlswelt. Klingt eso? Ist es aber nicht! Ist doch klar, dass einem Rind oder eben eine Gans aus konventioneller Schlachtung Stress, Platz- und Todesangst im wahrsten Sinne des Wortes durch Mark und Bein gegangen sind. Wer will das alles mitessen?
In diesem Sinne finden wir 48 Euro mehr als angemessen für ein traditionelles Fesessen und für eines der seltenen Male im Jahr, an dem man sich dazu entschließt Fleisch zu essen. Das ist es uns des Tieres und auch unserer selbst wegen auf jeden Fall wert.
FOTOS: Genusshandwerker
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