Das wirklich fieseste an der Klimakrise ist, dass man sich so herrlich davon ablenken lassen kann. Ein bisschen Sommerfeeling hier, ein kleiner Urlaub da. Ist ja auch alles viel zu abstrakt. Was da wirklich abgeht in der Atmosphäre übersteigt unseren menschlichen Horizont. Man stumpft ja auch mit den täglichen Wasserstandsmeldungen zu CO2 Werten, Hitzerekorden und Gletscherschmelzen immer weiter ab. Ja, Ja – wir wissen’s. Fundamentale Änderungen finden bei den Meisten trotzdem (noch) nicht statt.

Dabei werden wir wahrscheinlich noch viel zu sehr verschont. Wie beschissen unsere Zukunfts-Perspektive aussieht, ist uns letzte Woche erst wieder beim Meeting der Klimanotstand-Initiative in Berlin klargeworden. Wenn der Real-Talk der Wissenschaftler an die Wand projiziert wird, müssen auch wir schlucken. Und genau aus diesem Grund ist es wichtig, dass all die Szenarien, CO2- und Ressourcenbudgets viel mehr in unser alltägliches Bewusstsein rücken. Anzuerkennen, was da auf uns zukommt ist der erste Weg hin zur Lösung.
Die Berliner Marko Dörre, Rabea Koss und ihre Mitstreiter wollen genau das erreichen und deshalb in der Hauptstadt den Klimanotstand ausrufen. Der Grund: wir müssen bis spätestens 2035 auf null Prozent CO2 Emissionen kommen, um den Temperaturanstieg irgendwo bei 1,75 Grad zu begrenzen. Die Herausforderung: wir haben in Deutschland dafür generell nur noch ein CO2-Budget von 7,3 Gigatonnen (das sind Milliarden Tonnen). Wenn wir das schaffen wollen müssen wir ab sofort jedes Jahr zirka sechs Prozent unserer derzeitigen Emissionen verringern. Und je länger wir damit warten, desto härter werden die Reduktionsraten.



Genau aus diesem Grund haben #fridaysforfuture und Co. der Kohlekommission auch deren Vorschläge zum Kohleausstieg bis 2038 um die Ohren gehauen. Wir müssen früher auf Null! Das ist keine Ideologie, sondern eine Kombination aus Wissenschaft und gesundem Menschenverstand. Da diese Deadline jedoch immer noch nicht in unserem Alltag angekommen ist, brauchen wir Hilfe, um unser Verhalten zu ändern. Der Klimanotstand ist daher vor allem ein Zeichen an uns Bürger und an die Politiker. Er beinhaltet, dass alle anstehenden und zukünftigen Entscheidungen so getroffen werden, dass sie innerhalb unseres Rest-Budgets liegen.

Und was könnt ihr tun?
Die Initiative braucht 20.000 Unterschriften, um als Antrag im Abgeordnetenhaus einzugehen und dann öffentlich beraten zu werden. Teilnehmen kann jeder ab 16 Jahren, der in Berlin gemeldet ist. Wenn Ihr selbst in Euren Freundeskreisen, im Büro oder dem nächsten Rave sammeln wollt, könnt Ihr Euch die Listen hier downloaden. Jeden Montag ab 18.30 Uhr könnt Ihr im Kreuzberger Supermarkt zum öffentlichen Meeting vom Klimanotstand Berlin gehen und Euch direkt mit Euren Skills und Engagement einbringen.
Das Jahr 2019 könnte mit Eurer Hilfe als das Jahr in die Geschichte eingehen, in dem der öffentliche Druck zum Handeln so groß wird, dass wir tatsächlich die Chance haben, die Katastrophe abzuwenden. Neben #fridaysforfuture, Extinction Rebellion, Ende Gelände oder Fossil Free, ist der Klimanotstand ein Teil dieser neuen Bewegungen aus der Zivilgesellschaft heraus. Wenn uns unsere Kinder und Enkel in Zukunft fragen werden, was wir denn damals dagegen gemacht haben, wären das hier unsere Chancen mit einem guten Gewissen zu antworten.


FOTOS: Marcus Werner
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