Achtung, Crush! Wir sind schon länger schockverknallt in das hanseatische Denimdesign-Label Bridge&Tunnel. Denn die Macherinnen Dr. Constanze „Conny“ Klotz und Lotte Erhorn machen einfach alles richtig: Ihre tollen Taschen, Rucksäcke und Wohnaccessoires fertigen sie direkt aus altem Jeansstoff, der sonst auf dem Müll landen oder erst aufwendig zu neuem Stoff recycelt werden würde. Und beim Nähen im Hamburger Hafenstadtteil Wilhelmsburg helfen Frauen und Männern, die lange keinen Job finden konnten – obwohl sie handwerklich top sind.
Seit dieser Woche gibt es alle ihre handgemachten Unikate auch im neuen Onlineshop zu kaufen, den statt eines teuren Programmierers kurzerhand Textildesignerin Lotte selbst eingerichtet hat. „Das hat ziemlich viel Zeit und Nerven gekostet – und ich bin mordsmäßig stolz auf sie!“, sagt Bridge&Tunnel-Partnerin Conny. Wieso der Onlineshop ein so entscheidender Schritt für die beiden ist? Wir haben nachgefragt:




Liebe Conny, warum ist es Euch besonders wichtig, Eure tollen Teile auch im Netz zu verkaufen?
Der Onlineshop ist im Moment unsere wichtigste Visitenkarte. Denn wir würden unsere Produkte gern vorrangig über ihn verkaufen. Durch unsere Fertigung – lokal, nachhaltig und fair – entstehen bei uns bereits relativ hohe Produktionskosten, viele Kommissionsdeals, zum Beispiel in Stores, sind deshalb für uns schwierig zu realisieren.
Wir haben in unserem Webshop für jedes Produkt ein transparentes Pricing angelegt. Hier kann man nachlesen, wie der Verkaufspreis zustande kommt und wie viel Prozent davon beispielsweise bei unseren Näherinnen hängen bleiben. Die gute Nachricht: Es sind rund 50 Prozent.

Wie viele Mitarbeiter habt Ihr aktuell?
Insgesamt sieben – und da sind Lotte und ich noch nicht mal mitgerechnet. Abgefahren oder? Vier davon sind Näherinnen, die gebürtig aus Afghanistan, Indien oder der Türkei stammen, aber schon viele Jahre in Deutschland leben. Drei weitere sind Anleiterinnen, auch sie kommen aus verschiedenen Ländern. Absolute Frauenpower hier gerade!
Ab August werden uns zusätzlich noch zwei zauberhafte Praktikantinnen unterstützen sowie ein toller Fashion Designer aus den USA, der uns bei der Schnittentwicklung helfen wird. Er ist durch einen Zufall zu uns gekommen, gerade ist er als Au-pair in Hamburg.
Im Herbst wird unser Team noch weiter wachsen, denn wir möchten fünf Praktikumsplätze für Menschen mit Fluchtgeschichte anbieten.
Wie toll! Geht das einigermaßen easy, oder habt Ihr dafür viele bürokratische Hürden zu überwinden?
Ich befürchte, da werden ziemlich viele Hürden oder wie heißt es doch so schön „Herausforderungen“ auf uns zukommen. Aber davon lassen wir uns nicht entmutigen! In Wilhelmsburg gibt es ja überproportional viele Flüchtlingsunterkünfte, eine direkt neben unserer Werkstatt. Da liegt es einfach auf der Hand nicht nur zuzugucken, sondern etwas zu machen.


Definitiv. Was war eigentlich zuerst da? Der Wunsch Ressourcen zu sparen – oder der, Menschen mit schlechten Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt einen Job geben zu können?
Es kam beides wie ein Urknall zusammen. Seit drei Jahren leiten Lotte und ich ja den Co-Working Space Stoffdeck, eine Gemeinschaftswerkstatt für Mode- und Textildesigner im schönen Wilhelmsburg. Als sich letztes Jahr eine deutsch-türkischer Nähclub regelmäßig in unserer Werkstatt traf, standen wir fassungslos daneben. Denn wir konnten live mit ansehen, was für Zauberhände viele der Frauen haben – während fast alle schon lange arbeitslos oder noch nie in einem richtigen Job waren. Da war uns schlagartig klar: Wir müssen diese beiden Welten vernähen. Und seitdem bringen wir professionelles Design und Menschen aus dem Stadtteil mit flinken Händen zusammen.
Eure Designs sind aufwendig und handgemacht. Wie viele Arbeitsstunden stecken in einem Rucksack? Und in einem Teppich?
Haha, das stimmt. Um einen Rucksack zu fertigen, braucht eine professionelle Näherin, wie beispielsweise unsere Anleiterinnen, vier Stunden, unsere anderen Frauen, die ja (noch) keine Profis sind, brauchen aktuell zehn Stunden.
Der Teppich braucht natürlich noch mehr Zeit, weil er erst per Hand geflochten und dann mit der Maschine vernäht werden muss. Für ein Exemplar mit 100 Zentimeter Durchmesser benötigen unsere Profis acht, unsere anderen Frauen aktuell 16 Stunden.


Bleibt die Kollektion in etwa so, wie sie ist, oder wollt ihr sie auf Dauer erweitern?
Momentan sind wir noch überwältigt von den zahllosen Möglichkeiten, die Denim als Material bietet. Da sind wir noch lange nicht am Ende unserer Inspiration! Unsere Idee ist es, mit Bridge&Tunnel die Schönheit und Langlebigkeit von unterschiedlichen Reststoffen aufzuzeigen. Dazu planen wir zukünftig mit wechselnden Designern zusammenzuarbeiten, die aus unterschiedlichen Materialien verschiedene Endprodukte wie Accessoires und Interior Design fertigen.
Auch die nächsten Produkte haben wir schon in der Pipeline. Für unsere zweite Kollektion, die im Frühjahr 2017 erscheinen soll, haben wir tolle Schulvorhänge aufgetrieben, die 40 Jahre lang in einer alten Aula hingen. Durch das Sonnenlicht sind sie toll gebleicht und wir freuen uns schon diebisch darauf, sie bald in neue Produkte zu überführen.

Wird es auch wieder Pop up Stores geben?
Wir finden Pop up Stores großartig, auch weil wir merken, dass viele unsere Produkte gern live und in Farbe begutachten wollen. Da halten wir uns aber an unser Credo aus unserer Werkstatt „Zusammen ist man weniger allein“ und würden gern mit anderen Labels, die ähnlich wie wir arbeiten, gemeinsam auf-poppen! Wer uns vorher live erleben möchte: am 27. August sind wir wieder auf dem Hallo Frau Nachbar-Mark in Ottensen zu finden. Dort gibt es lokal gefertigte Produkte satt!
FOTOS: Bridge&Tunnel & Femtastics
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