Den Hahn dauernd aufdrehen und endlos sauberes Wasser bekommen? Keine Selbstverständlichkeit! Daran erinnert uns jedes Jahr der Weltwassertag, der gleichzeitig auch ein Aktionstag ist – zumindest in Berlin. Schwerpunkt diesen Freitag: „Leaving no one behind – water and sanitation for all“. Seit 2018 organisiert der Verein Drip By Drip, der über den Zusammenhang von Wasser und Mode informiert und aktiv nach Lösungen sucht, am 22. März ein Event rund ums Thema. Mit Co-Host Amira Jehia, die die Speaker und Speakerinnen, unter anderem aus dem NGO-Partnerland Bangladesch, eingeladen hat, haben wir über den Wasserverbrauch der Baumwollproduktion, die Highlights der Veranstaltung und mehr Wahrnehmung für internationale Experten gesprochen. Zu den Tickets geht’s hier – for free! Wir sehen uns da!

Was die Textilindustrie betrifft, hören wir viel von Chemie, toxischen Färbemitteln, unterbezahlten Näherinnen, die unter gefährlichen Umständen arbeiten, aber wenig vom Wasserverbrauch. Wieso ist das immer noch so?
Weil die Menschen davon ausgehen, dass uns das Wasser nicht ausgeht. Rein biologisch ist das auch so. Wasser wird verbraucht, verdampft und fällt wieder als Regen auf die Erde. Was die meisten dabei aber nicht auf dem Schirm haben ist, dass verschmutztes Abwasser, das ungefiltert aus den Fabriken fließt, die natürlichen Wasserreserven weiter verdreckt – und so tatsächlich immer mehr Wasser „verloren“ geht: verloren für seinen eigentlichen Zweck, nämlich Mensch und Natur zu nähren und damit am Leben zu halten.
Wofür wird Wasser in der Textilproduktion überhaupt benötigt?
Schon für den Anbau von Baumwolle wird extrem viel Wasser gebraucht. Da die Pflanzen vornehmlich in trockenen Regionen wachsen, wo Regen nicht ganzjährig fällt, werden sie mit dem Grundwasser bewässert, was in diesem Prozess aber die Chemikalien aufnimmt, mit denen die Pflanzen gedüngt und vor Insekten geschützt werden. So verschmutzt, sickert es in den Boden zurück und kontaminiert ihn und die restlichen Grundwasserreserven gleich mit. Außerdem wird die Baumwolle im Prozess der Garn- und Stoffherstellung mehrfach gewaschen. Nicht zuletzt wegen des Färbeprozesses, den fast alle Grundstoffe durchlaufen. Und dann werden die meisten fertigen Kleidungsstücke ja auch nochmal gewaschen bevor sie an der Stange hängen…

Stoffe, die durch The Blue Lab für euer Label Blue Ben produziert werden, sparen bis zu 90 Prozent Wasser im Vergleich zu herkömmlicher Produktion ein. Wie geht das?
Das liegt an den Grundfasern, die wir verwenden. Bio-Baumwolle, Buche und Eukalyptus verbrauchen schon deutlich weniger Wasser, weil sie durch Regenbewässerung wachsen. Außerdem verwenden unsere Produzenten die neuesten Technologien wie Dampfbewässerung während der Produktionsprozesse und für die anschließende Wäsche.
Wieso wird das nicht häufiger so gemacht? Ist es, as usual, der Preis?
Ja, leider liegt es, wie fast immer, am Geld. Unsere Rohstoffe kosten im Einkauf mehr und die Herstellung der Stoffe ebenfalls. Hauptsächlich liegt das aber an den noch sehr geringen Produktionsmengen und daraus resultierenden hohen Stückpreisen. Würden mehr Brands die Stoffe verwenden, würde die Produktionsmenge steigen und die Einzelkosten würden sinken. So könnten die Brands die Kleidungsstücke günstiger verkaufen. Alles eine Frage des Konsumverhaltens.
Letztes Jahr gab’s von euch zum ersten Mal ein Event zum Weltwassertag und ein Panel mit Anna, das uns viel Spaß gemacht und einige Lerneffekte verschafft hat. Was sind dieses Jahr eure Erwartungen?
Wir wollen möglichst viele Menschen darüber aufklären, wie viel Wasser in ihrem Kleiderschrank hängt. Fair und Bio sind unheimlich wichtig, Wasser ist aber essentiell – für Mensch und Natur. Ohne Wasser brauchen wir auch keine Kleidung und ein fairer Lohn nützt uns dann auch nichts mehr, deshalb muss der Wasserverbrauch unserer Kleidung genauso Thema werden, wie die Verwendung von Chemikalien und die Arbeitsbedingungen unter denen sie produziert wird.

Wieso ist Bangladesch das Schwerpunktland?
Bangladesch ist unser erstes Partnerland. Als weltweit zweit größter Exporteur von Textilien bietet sich Bangladesch einfach an, um zu starten. Aktuell arbeitet die Technical University of Bangladesch für uns an einer Studie zu der aktuellen Situation in den Fabriken. Wir wollen wissen, wie mit Abwasser umgegangen wird, was bereits getan wird, was noch nicht geht und was wir tun können, um den Fabriken zu helfen. Das Wasser, was sie meist ungefiltert zurück in die natürlichen Wasserkreisläufe entlassen, schadet ja allen in der Umgebung. Wir glauben deshalb, dass die Fabrikbetreiber mehr tun würden, wenn sie könnten. Meistens lassen die niedrigen Preise, die die Fashion Brands zahlen, teure Filteranlagen nicht zu. Wir wollen die Situation genau verstehen, um zu wissen, was wir tun können. Da wir uns gerade so intensiv mit Bangladesch beschäftigen und unser Netzwerk dort stetig erweitern, lag es nahe, den Fokus in diesem Jahr auf dieses schöne Land zu legen.
Was sind dieses Jahr eure Highlights?
Die Highlights sind unsere Speaker. Wir beleuchten das Problem von allen Seiten, durch die international anerkannten Wasserexpertinnen Hasin Jahan von Practical Action (Bangladesch) und Angela Ortigara vom WWF (Italien/Brasilien), durch Industrievertreter, wie Ana Silva (Portugal), die Leiterin für Nachhaltigkeit bei einem der fortschrittlichsten Stoffproduzenten Europas und Hamed Beheshti (Iran), der Filteranlagen herstellt, mit denen die Industrie das Abwasser nicht nur reinigen, sondern immer wieder verwenden kann und durch die Vertreter der Modebranche Ali Azimi (Iran/Deutschland), der das erste wasserfokussierte Modelabel gegründet hat, Max Gilgenmann (Deutschland), der zweimal jährlich zur Berlin Fashion Week die weltweit erste nachhaltige Modemesse mitveranstaltet und Hannah Kromminga (Deutschland), die eine Plattform für nachhaltige Mode mit einem integrierten Reparaturservice gegründet hat. Und last but not least, konnten wir Vreni Frost gewinnen, die als „Bundesinfluencerin“ die Perspektive der Konsumenten vertritt.

Warum ist es wichtig, internationale Speaker sichtbarer zu machen?
Wir sind es im westlichen Raum gewohnt, viel über den globalen Süden zu sprechen. Irgendjemand auf dem Podium war schon Mal dort und kann berichten, was er gesehen und erlebt hat und wie wir „helfen“ können. Was diesen Menschen fehlt, ist die Erfahrung, dort zu leben und das über Jahre hinweg, die Sprache zu sprechen und wirklich zu wissen, was dort benötigt wird. Das weiß niemand besser, als die Menschen aus den Ländern selbst. Deshalb müssen sie zu Wort kommen lassen und ihre Situation selbst erzählen können. Wir hätten gern noch mehr Redner aus Bangladesch. Leider konnten wir aufgrund des knappen Budgets letztlich nur Hasin Jahan einladen. In den kommenden Jahren hoffen wir, den Anteil noch deutlich ausbauen zu können.
Und wie können Experten und Expertinnen aus betroffenen Ländern besser gehört werden?
Indem man die Menschen zu ihren Vorträgen und Redebeiträgen einlädt, die die Macht haben, etwas zu verändern, aus Industrie, Modemacher, Käufer und Politiker und für mehr Reichweite durch Multiplikatoren und Presse sorgt.
Wie können und müssen wir Wasser auch die anderen 364 Tagen im Jahr besser würdigen?
Indem wir uns dessen bewusst werden, in welchen Produkten zu viel davon steckt und uns bewusst für Konsumalternativen entscheiden oder Organisationen unterstützen, die aktiv dazu beitragen, dass bereits verschmutze Wasserressourcen wieder gereinigt und nutzbar gemacht werden. Denn gegen Wassermangel kann man etwas tun. Man muss es nur wollen.
Kommt am Freitag mit! Hier gibt’s die Infos und Tickets.
Fotos: Benedikt Fuhrmann / Drip By Drip
Schreibe einen Kommentar
Deine Mailadresse wird nicht veröffentlicht.
Erforderliche Felder sind mit * markiert.