FREMDFORMAT MACHT INDUSTRIERESTE ZU IT-SCHMUCK

Warum dieser Artikel wichtig ist

Nicht nur Fashion, auch Schmuck kann eco-fair sein! Accessoires aus wiederverwerteten Materialien schonen Ressourcen – und lenken Aufmerksamkeit auf die Defizite konventioneller Herstellung.

Jetzt alle Mal die Hände hoch, die Edamame lieben! So wie wir zum Beispiel. Und das kann man ruhig öffentlich zeigen. Finden auch: Julia und Steffi Gerner. Knapp drei Jahre nach der Gründung hat das Power-Couple hinter dem nachhaltigen Schmucklabel Fremdformat nicht nur eine nigelnagelneue Homepage am Start – sondern auch eine Art zweites Standbein. Zusätzlich zu Ohrringen, Arm- und Halsschmuck gibt’s ab sofort Patches und bestickte Bioshirts von Fremdformat. Mit unter den Motiven ist auch der Viertel \ Vor-Favorite, besagte grüne Sojabohne mit Grinsegesicht. Für abweichende Vorlieben gibt’s außerdem glücklichen Tofu, gelbe Blitze und gebrochene Herzen sowie den Klassiker-Schriftzug „Jetzt“, den alte Fremdformat-Fans schon von einem der ersten Kettenanhänger kennen.

Diese schönen Stücke gibt’s natürlich noch immer. Und darüber hinaus begeistern die Shootingstars des nachhaltigen Schmucksegments natürlich auch mit neuen Accessoires – und bereichern die Slowfashion-Szene mit aktuellen Statementteilen aus Messing, Kupfer und Edelstahl. Das Material für den Fremdformat-Schmuck suchen sich Julia und Steffi übrigens aus Industrieabfällen zusammen. Dass spart nicht nur Ressourcen, sondern sorgt auch noch für Inspiration. Warum? Darüber haben wir mit dem coolen Kreativ-Duo aus Heidelberg gesprochen:

Liebe Julia, liebe Steffi, Euer schöner Schmuck besteht – man glaubt es kaum – hauptsächlich aus sogenannten Stanzabfällen. Wie kam’s denn dazu?

Julia: Ich hab’ als Kind schon den Schmuck meiner Mutter auseinandergenommen und wieder neu zusammengesetzt. Nach der Schule wollte ich Goldschmiedin werden, hab’ da aber keinen Ausbildungsplatz bekommen – und erst mal eine ganz andere Richtung eingeschlagen. Erst wurde ich Krankenschwester, dann Sozialarbeiterin. Der Wunsch eigene Ketten und Armbänder zu machen ist immer geblieben – und mir war immer klar, dass ich dazu andere Materialien nutzen möchte. Ich wollte etwas Ungewöhnliches machen, aus Sachen, die vielleicht gar nicht üblich sind. Dass es am Ende Stanzabfälle wurden, war eigentlich Zufall…

Steffi: Als klar war, dass wir Fremdformat gemeinsam machen wollen, wollten wir als Erstes die gestempelten Ketten mit Schlagbuchstaben herstellen – und haben dafür nach Anhängern gesucht. Dabei sind wir auf’ne Firma gestoßen, die Reste aus der Industrie anbietet. Und da war uns sofort klar: Das ist total cool! Reste wiederzuverwerten, die sonst wegfliegen. Das macht Sinn – und Spaß. Weil’s auch immer ein bisschen spannend für uns selbst ist.

Spannend? Inwiefern?

Steffi: Weil wir nie genau wissen, was wir kriegen. Deshalb können wir uns nicht einfach an den Tisch setzen und ein Design machen. Stattdessen arbeiten wir immer mit dem Material, was wir gerade haben.

Und woher genau bekommt Ihr das?

Steffi: Wir haben da eine Firma bei uns in Heidelberg, da dürfen wir regelmäßig in die Restebox und die Abfallcontainer gucken. Und das tu’n wir dann und überlegen, woraus man wie etwas machen könnte.

Und wie reagieren die Mitarbeiter, wenn Ihr dort nach neuer Inspiration quasi im Müll sucht?

Steffi: Ich glaub’ in dem Betrieb, mit dem wir zusammenarbeiten finden’s die meisten voll ok und lassen uns machen. Wir hatten am Anfang noch ziemlich viele andere Firmen angefragt. Geantwortet hat nur die eine. Und da waren alle gleich ganz offen. Wir haben dem Chef dort natürlich auch Mal fertige Fremdformat-Teile gezeigt – die fand er dann auch recht schön.

Und seit dem läuft alles rund?

Julia: Generell total. Trotzdem ist unsere Vorgehensweise natürlich immer etwas unvorhersehbarer, als bei einem konventionellen Label, das seine neuwertigen Einzelteile auf Bestellung geliefert bekommt. Zu unserer Kette und dem Armband „Grethe“ haben mich beispielsweise die kleinen Halbmonde inspiriert, die als Reste beim Stanzen von Edelstahlblechen angefallen sind. Und man hatte uns dann zugesichert, dass diese Form auch weiterhin regelmäßig übrig bleibt. Daraufhin hab’ ich die Teile entworfen – und dann gab’s doch keine halbmondförmigen Reste mehr…

Steffi: Jetzt stanzen wir die aus einem anderen Stück Abfallmaterial.

Julia: Manchmal kann ich nachts nicht schlafen – aber eigentlich weiß ich mittlerweile: Irgendwie wird’s funktionieren!

Hat sich der nachhaltige Gedanke bei Euch aus genau dieser Art der Arbeit ergeben, oder wurde er mit Fremdformat nur weitergeführt?

Julia: Ich komm’ aus der alternativen Szene, war früher im selbstverwalteten Jugendzentrum. Und da war Nachhaltigkeit schon immer auch ein großes Thema. So richtig hat sich das grüne Mindset aber mit dem Schmuck erst manifestiert. Unsere erste Messe vor drei Jahren war auch noch nicht die Ethical Fashionshow oder der Green Showroom in Berlin – sondern die komplett konventionelle Show and Order.

Und dann?

Steffi: Dann hat Franziska von Veggie Love uns auf Instagram entdeckt, kam an unserem Stand vorbei und meinte ganz ungläubig: Was macht Ihr denn ausgerechnet auf dieser Messe?

Die Bloggerin Franziska von Veggie Love hat Euch für den grünen Markt entdeckt?

Julia: Quasi ja. Sie hat uns geraten, auf die nachhaltigen Modemessen zu gehen und uns total unterstützt. Das war super! Und bevor wir dann zum ersten Mal dort ausgestellt haben, haben wir bei allen unseren Teilen noch Mal ganz genau geprüft, wo die einzelnen Bestandteile herkommen – und dafür gesorgt, dass alles aus fairen und nachhaltigen Quellen kommt.

Steffi: Wir waren vorher gar nicht sicher, ob wir überhaupt den Anforderungen entsprechen. Und umso glücklicher, dass es dann wirklich so war. Wir fühlen uns sehr wohl im Slowfashion-Segment.

Am Ende haben Positionierungsgründe und Überzeugung also perfekt ineinandergegriffen.

Julia: Genau. Und dann sind wir mit Fremdformat Stück für Stück in den Markt rein gewachsen. Und das macht uns wie Steffi schon sagt echt glücklich! Diese Welt passt so viel besser zu uns und unseren Überzeugungen. Es gibt dort meist eine Message und viel weniger Oberflächlichkeiten.

Und Oberflächlichkeiten sind ja ganz offensichtlich nicht unbedingt Euer Ding! Viele Eurer Stücke haben eine ganz direkte Aussage. Geht’s Euch auch darum, mit Fremdformat ein gewisses Mindset zu verbreiten?

Steffi: Wir wollen das immer schaffen, ja. Ich hoffe, dass wir’s tun! Wir möchten nicht nur als Schmucklabel wahrgenommen werden, sondern bewusst Sachen machen, die untypisch sind und die möglichst von ganz verschiedenen Frauen getragen werden.

Apropos: „GRL PWR“ und „Jetzt“ sind quasi die inoffiziellen Fremdformat Key-Words. Wie kommt’s?

Julia: GRL PWR und Selflove sind für uns wichtige Schlagwörter, die Mut machen und auch ein Lebensgefühl ausdrücken. Aus feministischer Perspektive fanden wir es schon immer gut, so eine Message weiterzutragen also andere damit auch möglichst bewusst zu empowern. Das Wort „Jetzt“ hat sich in persönlichem Zusammenhang ergeben, durch eine Freundin von mir, die gerade in einer großen Umbruchsphase war.

Und was assoziiert Ihr zwei selbst mit dem Wort „Jetzt“?

Julia: Das Schöne an diesem Wort ist ja, dass es für jeden eine andere Bedeutung haben kann. Für uns selbst steht es hauptsächlich dafür, mutig zu sein und sich zu trauen einen Schritt zu gehen, von dem man bisher vielleicht nur geträumt hat. Oder einfach kurz gesagt: „Get Shit Done“ (lacht).

Ihr habt mit dem Wort schon kurz nach dem Launch Eures Labels einen gewissen Hype ausgelöst. Hat Euch selbst überrascht, wie schnell das auf einmal ging?

Steffi: Total. Und es hat uns natürlich total gefreut – und motiviert.

Habt Ihr das Gefühl, dass man über Socialmedia doch einen sehr direkten Zugang zu potenziellen Kunden und vor allem zu Gleichgesinnten im grünen Bereich hat?

Julia: Instagram ist auf jeden Fall eine gute Plattform für Verbindung und Verbreitung – das war’s für uns von Anfang an, obwohl ich damals noch kaum wusste, was ein Hashtag ist (lacht). Das ging schon alles schnell. Zum Glück! Aber natürlich setzt es einen auch unter Druck, diesem kleinen Hype gerecht zu werden und zu bleiben. Teilweise erwarten die Leute, dass wir alle sechs Monate mit neuen Hammer-Teilen kommen. Das wollen wir aber einfach nicht! Wir wollen bei dieser langsamen, bewussten Art des Arbeitens bleiben, so wie wir’s jetzt machen. Und da gibt es eben immer nur so viel, wie wir an potenziellem Material für neue Teile finden.

Was hat sich in den vergangenen drei Jahren bei Euch verändert?

Julia: Ich denke beim Designen nicht mehr nur darüber nach was mir oder uns gefällt, sondern auch darüber, was gut ankommen könnte. Das ist einerseits wichtig und richtig, manchmal nervt’s mich aber auch. Und dann versuche ich einen Mittelweg zu finden.

Die Herausforderung ist also zu wachsen und gleichzeitig bei sich zu bleiben?

Steffi: Ja. Am Ende ist auch der nachhaltige Markt ein Markt. Da geht es genau so darum, den Einzelhandel zufrieden zu stellen und die Kunden und Kundinnen zu behalten.

Dabei hilft sicher auch der neue Onlineshop.

Steffi: Genau. Der ist auch ein Weg, die Leute unabhängig vom Einzelhandel noch direkter zu erreichen.

Dauernd neue Kollektionen hinterher zu schieben ist ja auch nicht unbedingt der nachhaltigste Weg, davon sollte man ja eigentlich weg wollen, auch als Konsument, wenn man’s ein bisschen grüner und ja eben im wahrsten Sinne des Wortes slower will…

Beide: Stimmt.

Trotzdem gebt Ihr Gas in eine neue Richtung! T-Shirts!

Julia: Ja! In erster Linie, weil wir einfach Bock drauf hatten (lacht).

Das sieht man! Für die Shirts verwendet Ihr aber neues Material 

oder sind die auch recycelt?

Julia: Derzeit verwenden wir GOTS zertifizierte Baumwollshirts aus fairer Produktion. Generell finden wir aber auch im Textilbereich das Thema Recycling spannend und können uns vorstellen in Zukunft auch da mit anderen Materialien zu experimentieren. Vorausgesetzt der Recycling-Prozess ist auch sinnvoll – zum Beispiel im Hinblick auf die aufgewendeten Ressourcen.

Aus eigener Erfahrung wissen wir, wie es ist, mit dem eigenen Partner zusammenzuarbeiten. Musstet Ihr beide darüber nachdenken? Oder war gleich klar, dass das gut klappen könnte?

Julia: Auf jeden Fall! Ich könnte es mir schwer mit jemand anderem vorstellen. Weil ein gemeinsames Business so intensiv ist und so viel Vertrauen voraussetzt.

Steffi: Wir sind beide total harmoniesüchtige Menschen, mögen’s gar nicht wenn was unausgesprochen in der Luft liegt, und streiten uns eher wenig. Vielleicht klappt’s auch deshalb echt gut zusammen. Trotzdem muss man natürlich auch ein bisschen aufpassen, dass das gemeinsame Unternehmen nicht durchgehend Thema ist und man plötzlich kurz vorm Schlafen gehen noch über den Termin am nächsten Morgen plant…

Kennen wir!

Julia: Man redet ja auch gerne über die gemeinsame Arbeit. Nur eben nicht unbedingt am Sonntagnachmittag noch (lacht). Der einzige schwierige Punkt war die Überlegung, wer aufhören darf zu arbeiten. Am Ende war ich’s, weil ich eh den Job wechseln wolle – und auch weniger verdient habe.

Steffi: Und ich bin mittlerweile auf 80 Prozent runter.

Wäre Fremdformat als Vollzeitjob Euer Ziel?

Steffi: Schau’n wir mal, wie’s weiter läuft. Schön wär’s schon…

Liebe Julia, liebe Steffi, wir sind da guter Dinge! Vielen Dank für das schöne Gespräch.

Und unter allen, die wie wir Fremdformat-Fans sind oder es noch werden wollen verlosen wir eine individualisierbare Kette mit einem Outline-Buchstaben nach Wahl aus der neuen Kollektion. Ihr wollt sie haben? Dann kommentiert bis Freitag, 1. September 2017 um 18 Uhr hier oder auf Facebook oder Instagram: Welcher wäre Euer Wunschbuchstabe – und warum? Das Los entscheidet. Der Gewinner oder die Gewinnerin werden bis 20 Uhr per Email oder PN benachrichtigt. Viel Glück!

Liebe Leser und Leserinnen, morgen verlosen wir hier eine individualisierbare Kette von Fremdformat.

FOTOS: Marcus Werner / Fremdformat

Dieser Artikel erscheint aus voller Überzeugung – und mit freundlicher Unterstützung von Fremdformat.

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5 Kommentare

  1. M wäre einfach wunderbar! Der Name meines Kindes fängt mit M an und ich würde mich einfach riesig freuen, wenn ich so eine tolle individuelle Kette um den Hals tragen dürfte! Toller Schmuck, tolle Idee dahinter! Girlpower find ich großartig

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  2. Ich würde gerne an der Verlosung teilnehmen!
    Mein Wunschbuchstabe ist L, denn das L steht für so viele tolle Sachen, wie Lasange, Liebe, Luftschlangen, Larifari und zuvälligerweise fängt auch noch mein Name damit an 😉

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  3. Der Wunschbuchstabe wäre M … wegen des Vornamens meiner Freundin.

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  4. Mal wieder ein toller Beitrag und auch das Gewinnspiel kommt super passend, da ich momentan auf der Suche nach genau so einer Kette mit dem Buchstaben „P“ bin – der Anfangsbuchstabe meines Pferdes, das ich nun aufgrund eines Auslandsaufenthaltes in die Obhut seiner Züchter geben muss.
    Liebe Grüße aus dem Rheinland

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  5. Ich würde mich sehr über den Buchstaben D freuen

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