Da stehen sie. Schwarz auf Spiegel. Stilistisch einwandfrei in Szene gesetzt und das dazu noch im neuen It-Concept Store in München. Das schreit nach: Gönn Dir! Schon immer wollte ich genau diese New Balance-Schuhe haben, genau dieses Modell und genau diesen Colorway. Dazu kosten sie „nur“ 90 Euro. Quasi ganze 40 Euro weniger als die üblichen AirMax-Verdächtigen in den Spezial-Editionen. Geht eigentlich klar! Oder doch nicht?
Die Wahrheit ist: Ich brauche diese Schuhe nicht. Ich habe mindestens noch 15 Paar zu Hause herumstehen und sogar welche, die ich noch nicht einmal aus der Box geholt habe. Die Meisten sind schwarz, so wie mein New Balance Modell. Warum sollte ich mir jetzt also noch ein Paar kaufen, nur weil ich die Brand in meiner Peer Group gerade ein bisschen angesagter finde und Nike irgendwie vorbei ist? Wie lange wird mein „Geil – Neue Schuhe“ Gefühl anhalten? Eine Woche? Vielleicht Zwei? Und danach? Stehen sie mit all den anderen im Regal herum und werden zweimal im Jahr dazu auserkoren mit mir durch den Kiez zu spazieren.
Wen interessiert dann eigentlich ob da ein Swoosh, drei Streifen oder ein großes N draufsteht? Das sind wirkliche First World Problems und es ist verdammt nochmal Zeit, dass wir anfangen darüber nachzudenken, was wir wirklich brauchen. Glücklicher machen werden mich diese Schuhe, wenn überhaupt, nur für eine sehr sehr kurze Zeit. Dafür wird mein Öko-Fußabdruck für eine sehr sehr lange Zeit unverhältnismäßig groß sein. Ist es mir das wert?
Nur weil uns eine Milliarden teure Marketing-Maschine sagt, dass wir jetzt unbedingt neue New Balance, NMD’s oder AirMax brauchen, müssen wir uns dieser nicht unterwerfen. Klar gefallen mir die ein oder anderen Modelle. Genauso gut gefallen mir Lamborghinis, Yachten, Privatjets oder fancy Interieur. Aber: Ich brauche das alles nicht. Ich brauche, Achtung eso, saubere Luft und Umwelt, eine Zukunft für meine Kinder, Frieden und gute Freunde. Eine tolle Freundin habe ich schon. „Moments Not Things“ stand mal an irgendeiner Tür in Kreuzberg. Damals habe ich es auf Instagram gepostet weil ich es so toll fand. Am nächsten Tag habe ich mir wahrscheinlich trotzdem irgendwelche schwarzen Sneaker gekauft, die jetzt in den Boxen zu Hause herumstehen. Heute stehe ich mitten im Store, bewundere die tollen Sneaker und frage mich: „Brauche ich die wirklich?“ – Nein, brauche ich nicht.
6 Kommentare
WORD.
Sehr schöner und zum Nachdenken anregender Beitrag! Ich hatte letztens auch wieder den Warenkorb voll mit einigen (zwar sogar fair produzierten) Dingen, bei denen ich mir dachte jetzt hast du lang genug gewartet und kaufst sie. Glücklicherweise hat die Vernunft vor dem letzten „Jetzt bestellen“ Klick gesiegt. Immerhin miste ich ja eigentlich gerade aus….
Liebe Grüße,
Marisa (www.myfairladies.net)
Hey Marisa, miste nicht zu viel aus! Behalten und austragen ist auf jeden Fall nachhaltiger. Und so schnell, wie die Trends wechseln, sind Deine Teile vielleicht schon nächstes Jahr wieder Most-Wanted! Ich trage selbst z.B. noch alte second Hand Sweater von vor 10 Jahren. Liebste Grüße
Ich habe was das angeht totales Glück, dass ich seit Jahren kaum einen Drang habe irgendetwas neu haben zu wollen. Die Dinge die ich haben will, gibt es nicht im Regal (meistens ist es mehr Zeit und einen Einblick in die Gedanken meiner Katze Mira).
Problematischer wird es für mich beim Essen. Ich gehe gerne Essen und ich gebe auch offen zu, dass ich da nicht immer nachforsche, wo genau die Küche nun ihr Gemüse etc. herholt – brauche ich das? Nicht wirklich, ganz klar. Aber das fällt mir richtig schwer. Vor allem seit ich im Homeoffice arbeite, hab ich ein bisschen die Lust verloren auch noch in der Mittagspause daheim zu bleiben und zu kochen, ich will dann raus – woanders essen und natürlich möglichst bezahlbar, lecker und schnell – und irgendwie ist das ja auch genauso wie mit deinen Schuhen – Konsumflucht. Guter Gedankenanstoß auf jeden Fall und schön beschrieben! 🙂 Liebe Grüße, Anni
Hey Anni. Wir lieben es essen zu gehen! Lunch- oder Dinnerdates mit Freunden gehören bei uns fast täglich dazu. Das gönnen wir uns sehr gern und gibt uns viel viel mehr als die neue Kollektion von xyz. Das meinte ich mit „Moments Not Things“. Also enjoy! Liebste Grüße!
Yes, Marcus, absolute Zustimmung von meiner Seite! Ich war früher offen gestanden, extrem süchtig nach fast fashion. Der H&M Katalog kriegte mich j-e-d-e-s Mal. Es war schrecklich, Bedürfniserweckung pur. Fünf Minuten, bevor ich zum Briefkasten ging, wusste ich noch gar nicht, dass es all diese Dinge gab, ohne die ich ein paar umgeblätterte Seiten später glaubte, nicht glücklich durch die nächste Saison zu kommen. Seit ich neue Kleidung mehr und mehr nachhaltig kaufe, sind so unfassbar viel weniger neue Teile in meinen Kleiderschrank gewandert. Und, oh Wunder, ich fühle mich trotzdem besser angezogen und gehe heute lachend und leichten Herzens an H&M Filialen vorbei. Soooo gut! Liebe Grüße, Kea
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