
Elbtunnel, Autobahn, Landstraße, da! Nur eine knappe Autostunde von Hamburg, rechts Häuser, links Feld, erreichen wir eine kleine Utopie: Kliemannsland. Ein ehemaliger Bauernhof, jetzt voller großer Ambitionen. Wer auf dem Gelände zwischen Wakeboard-Teich, Fantasiefahrzeug-Garage und Kräutergarten mit einer Art Happy-Hochburg gerechnet hat, hat höchstens halb Recht. Kliemannsland ist Peace and Love. Aber Kliemannsland ist eben auch Selfmade ohne Chaos. Hier kommen nicht einfach nur ein paar Aussteiger zusammen. Hier wird groß geträumt, hier wird sich getraut, hier werden Jobs gemacht. Als Gärtner in Festanstellung oder in der Produktion, die für die Funk-Webserie „Kliemannsland“, Haupt-Output der fiktiven Monarchie, zuständig ist. Haupt-Protagonist: the one and only Fynn Kliemann, Webdesigner, Unternehmer, Heimwerker-King, Internet-Größe, Musiker, Männervorbild und Frauenschwarm – und unser Gesprächspartner für die neueste Folge von „Über morgen“, den Podcast mit Anna und Jakob Bernd von Tomorrow. Die Frage: „Wie wollen wir morgen unabhängig sein“.

Fynn muss es wissen, denken wir. Er ist 28 Jahre alt, ist sein eigener Chef, hat sein eigenes Land, knapp 500.000 Follower bei YouTube und noch mal so viele auf seinen 500.000 Instagramkanälen – und trotz alledem hat er noch nie eine Produktplatzierung oder einen Werbedeal gemacht. Und klar, er weiß es. Indem man bei sich bleibt und nicht zu viel plant zum Beispiel. Im Gespräch erzählt Lynn außerdem, warum ihm Geld nicht so wichtig ist und, wie er trotzdem welches verdient. Wie selbstbestimmt er schon als Kind war und was es für ihn bedeutet, mit einem Trecker durch die Wand fahren zu können, wann immer man will.
Bei einem hoch-norddeutschen Menü aus Bier und Franzbrötchen sitzen wir im Wintergarten, einem offenen Atelier für alle, die Lust auf Kunst machen haben. Dabei schaut Charlie Sheen aus einem güldenen Bilderrahmen auf uns herab. Und wir schauen raus, auf das Kliemannsche Imperium, das insgesamt natürlich so gar nicht imperialistisch wirken will. Im Gespräch erfahren wir fast alles, was man von Fynn über Mut, Spaß, Dilettantismus, harte Arbeit, Eitelkeit und natürlich über Unabhängigkeit lernen kann.


Und – für Viertel \ Vor natürlich extra-interessant – auch über Nachhaltigkeit. Und zwar erklärter Weise ohne aus dem Thema ein großes Thema zu machen. Im Kliemannsland ist fast alles selbst gebaut, vieles aus Müll. Oder, wie Fynn umkodiert: aus Sachen, die andere nicht mehr brauchen. Von Butz-Bezeichnungen und „Nachhaltigkeit als Trend“ will er nichts hören. „Wir brauche hier keine großen Namen oder fette Konzepte und schon mal gar keine bewusst als solche betitelten nachhaltigen Gedanken.“ Stattdessen gucken er und die anderen einfach, was sie brauchen „Und dann machen wir das so, weil das das Klügste und super billig ist – und dann auch noch oft Ressourcen spart“, so Fynn. Wie ein neues Gewächshaus und die Selbstversorger-Beete zum Beispiel. „Ist doch logisch, dass eigene Gurken und Tomaten geiler schmecken. Und ist doch cool, wenn Leute bei uns lernen, wie Gärtnern geht.“ Nebenbei, durch Abgucken, durch Machen. Ohne extra Überschrift oder erhobenen Zeigefinger. Word!
Wir sind als Fans gekommen, wir sind als Fans gegangen. Denn wir wünschen uns eine Welt, wie ein Kliemannsland: mit viel Natur und Selbstgerechtem, mit klugen Ideen die nicht zu lange erdacht werden, mit Freiheit für den Einzelnen und mit funktionierender Gemeinschaft, mit Toleranz und mit Witz. Und gerne auch mit Bier und Franzbrötchen. Von allen Leuten, die jemals im Kliemannsland mitmachen oder Mitbürger*innen werden wollten, das hat uns Fynn zum Abschied an der grünen Hoftür noch erzählt, musste er in knapp vier Jahren nur zweien „irgendwann eher davon abraten“. Mit allen anderen läuft’s. Ganz einfach.













Viel Spaß mit Fynn Kliemann und „Über morgen“.
FOTOS: Marcus Werner
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